Knapp 5 Wochen bis Weihnachten, und wohin man schaut das wohlbekannte Bild: neue Modelle, exklusive Kollektionen, einmalige Aktionen, spezielle Angebote, attraktive Rabatte, festliche Sonderpreise, Schnäppchen für Schnellentschlossene… Ach ja, und der Winterschlussverkauf folgt auf dem Fuß. Da muss man doch zuschlagen!

Nichts verführt uns mehr zum Geldausgeben als NEU und BILLIG. Doch oft folgt auf die spontane (Kauf-) Lust schon nach ein paar Tagen der ernüchternde Frust: War das notwendig? Brauche ich das wirklich? Würde ich das heute nochmal kaufen? Da stellt sich doch die berechtigte Frage, warum wir bei Aktions- und Rabattschildern immer wieder die Vernunft ausschalten…

Auf der Jagd nach dem (kurzen) Glück

“Ein Schnäppchen ist für unser Gehirn eine unerwartete Belohnung”, meint Dr. Georg Häusel, Psychologe und Konsumforscher aus München. Die Chance auf leichte Beute löst im Gehirn einen Schub des Botenstoffs Dopamin aus (im Volksmund ein Glückshormon) – und damit einen Handlungsschub: Wir greifen einfach zu!

Diesen Vorgang kann man sogar mit Bildaufnahmen des Gehirns belegen. Dopamin aktiviert bei attraktiven Angeboten eine bestimmte Struktur im Vorderhirn – den „Nucleus accumbens“. Dieser entspricht einer Art Belohnungssystem in uns, das uns Glücksgefühle erwarten lässt. Und die Jagd nach dem Glück ist ein Instinkt, der jede Vernunft lahmlegt. Auf der Suche nach dem Kick will jede Gelegenheit genutzt werden! Kein Wunder also, dass der „Nucleus accumbens“ bei der Entstehung aller Formen von Süchten eine wichtige Rolle spielt.

Was unser Popo mit dem Kaufen zu tun hat

Der Mensch als vernunftgesteuertes Wesen ist eine Illusion – wir handeln zutiefst emotional. Deshalb fällt es uns auch so schwer, mit Geld umzugehen. Laut Verhaltensökonom Dan Ariely ist Geld ein viel zu abstraktes Konzept für unser Verständnis. Wir treffen unsere Kaufentscheidungen nach ganz anderen Kriterien.

Ein paar Beispiele:

  • Führen die Wege im Supermarkt im Uhrzeigersinn Richtung Kassa, geben Kunden um 14 % (!) mehr Geld aus.
  • Mehr als sechs angebotene Marmeladesorten bremsen den Konfitüre-Umsatz – eine zu große Auswahl überfordert unsere Entscheidungsfindung.
  • Wird ein Kunde zwischen den engen Supermarkt-Regalen versehentlich von einem Einkaufswagen am Popo gestreift, wird der Kaufprozess sofort gestoppt.

All diese mehrfach untersuchten Beobachtungen belegen, dass rationale Gründe beim Kaufen kaum eine Rolle spielen.

Warum Vergleichen nicht immer hilfreich ist oder Die Psychologie der Preise

(c) Sergey Ryzhov / Fotolia.com

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Auch die Preise selbst sind Gefühlssache. Das wissen natürlich große Firmen. Sie nutzen die Erkenntnisse der Hirnforschung und der Verkaufspsychologie, um ihr Angebot preislich besonders attraktiv zu machen. So werden bei Neueinführungen oft drei Varianten eines Produkts präsentiert: eine billige, eine teure und eine, die dazwischenliegt. Die obere und die untere Preisgrenze geben uns dabei das Gefühl, den Wert des Produkts irgendwie einschätzen zu können – selbst wenn die Preise völlig willkürlich sind. Wir tendieren dann oft zur goldenen Mitte: sie muss schließlich das beste Verhältnis von Qualität und Preis haben. Ein echtes Schnäppchen!

Wir vergleichen auch gerne Äpfel mit Birnen. Ein Beispiel, das Sie ganz leicht selbst überprüfen können: Veranstalten Sie eine fiktive Auktion im Freundeskreis. Bieten Sie ein Produkt im zweistelligen Eurobereich an und bitten Sie dafür um ein schriftliches Angebot. Lassen Sie Ihre Gäste jedoch zuvor die letzten beiden Ziffern ihrer Telefonnummer aufschreiben. Sie werden verblüfft sein! Personen mit einer höheren Endziffer in ihrer Telefonnummer reichen auch immer höhere Angebote ein. Warum? Obwohl die Telefonnummer nichts mit dem Preis zu tun hat, suchen wir stets nach einer Vergleichsmöglichkeit…

Noch etwas haben Verkaufspsychologen zu unserem Thema herausgefunden: Wir handeln in der Regel nach dem Motto „Lieber gleich und weniger als später und mehr sparen“. Mit anderen Worten: ein kleiner Rabatt, den wir sofort bekommen, ist attraktiver als ein größerer, auf den wir etwas warten müssten. Die Emotion der schnellen Lust siegt über den kalkulierenden Verstand…

Weniger ist mehr – DAS Feng Shui-Motto hilft weiter

Hier 2 Tipps, wie Sie unüberlegten „Kaufräuschen“ vorbeugen.

  1. Falls möglich, schlafen Sie eine Nacht drüber und prüfen Sie, ob Ihnen die Neuanschaffung wirklich so viel mehr an (nachhaltiger) Lebensenergie, Freude, Nutzen etc. bietet. Falls ja, dann ab in den Laden und zuschlagen.
  2. Für jeden neuen Gegenstand, den Sie nach Hause bringen, trennen Sie sich konsequent von etwas anderem (vergleichbare Kategorie oder Größe). ABER: Wovon Sie sich trennen wollen, sollten Sie am besten VOR dem Kauf entscheiden. Mit dieser Klarheit haben Sie gleich noch mehr Freude mit Ihrer Neuanschaffung.